Leitwort

Der Komponist Baby Faber hatte sich in Hacks’ frühen Münchener Jahren ein wenig seiner angenommen, erzählte ihm auch manche Begebenheiten und Erlebnisse.

Als die Nazis in zunehmendem Maße auf die Rassenfrage zu sprechen kamen, hatte Faber für angezeigt befunden, für eine Weile in einer psychiatrischen Anstalt Unterkunft zu suchen.

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Haltungen kann man nicht erläutern; Haltungen nimmt man ein
Peter Hacks

André Müller sen. (Bild: Peter-Hacks-Gesellschaft/Archiv)Köln, 22.01.2021.
André Müller sen. ist tot. Wie der Eulenspiegel Verlag mitteilt, verstarb der Dichter, Dramatiker und Publizist am 21. Januar im Alter von 95 Jahren in seiner Geburtsstadt Köln. Müller sen. verband eine langjährige, enge Freundschaft mit Peter Hacks.

 

Der gelernte Tischler, der mit bürgerlichem Namen Willi Fetz hieß, fand in den 1950er Jahren zum Theater. In dieser Zeit begann auch seine Freundschaft mit Peter Hacks. Nach Tätigkeiten als Theaterkritiker und Kulturredakteur machte sich Müller sen. in den folgenden Jahrzehnten als Verfasser zahlreicher Komödien, Romane, Anekdoten, Essays, aber auch als Theaterkritiker einen Namen. Weitreichende Bekanntheit erlangte er durch sein Engagement gegen den informellen Brecht-Boykott in der Bundesrepublik. So gründete er 1957 gemeinsam mit Erich Engel, Ernst Schumacher, Erwin Piscator und anderen den Arbeitskreis Bertolt Brecht, dessen langjähriger Vorsitzender er war.

Von bleibender Bedeutung sind auch seine textnahen Shakespeare-Interpretationen, so galt er als ausgewiesener Shakespeare-Spezialist. Peter Hacks würdigte die Herangehensweise Müllers und schrieb im November 1966 in seinem Essay »Hamlet ohne Geheimnis«: „André Müllers Verfahren, den »Hamlet« zu verstehen, ist, er hat den »Hamlet« gelesen. Das bemerke ich nicht aus humoristischen Gründen. Kenntnisnahme der Tatsachen ist von den Erkenntniswegen der seltenste.“ Und an anderer Stelle weiter: „Der Vorteil von André Müllers Methode liegt in ihrer Beweiskraft. Er spricht nicht: soundso interpretiere ich den Hamlet, er spricht: das und das steht drin. Sorgfalt, die Tugend der Dummköpfe, erweist sich bei diesem denkenden Mann als ein Hilfsmittel von unschätzbarem Wert.“ Und: „Kommunismus ist die Zeit, wo Shakespeare verstanden wird. Der Leser sieht, warum mir an André Müllers Arbeit gelegen ist.“

Die Freundschaft zwischen André Müller sen. und Peter Hacks begann bereits in den 1950er Jahren. Seit dieser Zeit bestand ein ununterbrochener Briefwechsel. Müller sen. sammelte Anekdoten zu seinem Freund Hacks, seine »Gespräche mit Hacks. 1963-2003« erschienen 2008 als Buch.

(22.01.21/bsj)

 

Peter Hacks (links) und André Müller sen. in den 1990er Jahren (Bild: Peter-Hacks-Gesellschaft/Archiv)

 


Mehr dazu im Netz:

André Müller sen.: Der erste Paukenschlag. Eine Theaterkunst, die ihresgleichen suchte. Über die fruchtbare Zusammenarbeit Benno Bessons mit Peter Hacks (aus „junge welt“ v. 23.01.2021)

André Müller sen.: Glasnost (aus „junge welt“ v. 25.01.2021)

Felix Bartels: Dem Hacks sein Engels / junge welt (25.01.2021)

Jakob Hayner: Der letzte Kommunist / Neues Deutschland (25.01.2021)

Matthias Dell: Lebenslügen der BRD / Zeit-online (25.01.2021)