Im Nachgang zu Aufführung und Aufzeichung wollen wir auch die Darsteller zu Wort kommen lassen. Wir haben sie deshalb gebeten, auf einige Fragen zu antworten.

 

Para Kiala (Jona)

Vera Kreyer (Semiramis)

Sabine Böhm (Asyrte)

Michael Hase (Eskar)

Maria Strauss (Belit)

 

 

Para Kiala (Jona)

Para Kiala (links) als Jona mit Maria Strauss in der Premieren-Vorstellung im Simonetti Haus in Coswig (Anhalt)

Welche Besonderheiten gab es für Sie bei der Arbeit an diesem Stück, in den Proben und bei den Aufführungen?

Die Tatsache, dass man in Berlin probte, um in Sachsen-Anhalt zu spielen. Dann die Fahrten von Berlin nach Sachsen-Anhalt und umgekehrt, vor und nach den Aufführungen. Reizvoll!

Was fanden Sie an der Rolle reizvoll: beim Lesen, dann beim Spielen?

Die Titelrolle inne zu haben, ohne die Hauptrolle zu spielen. Die ständige Präsenz auf der Bühne, selbst ohne Text agierend, als wichtiger Teilnehmer der Konversationen, die an Brisanz kaum zu überbieten waren.

Welche Schwierigkeiten gab es bei den Proben?

Für mich hieß es: Proben, danach 8 STUNDEN in der Fabrik arbeiten gehen oder umgekehrt.

Welche Erfahrungen gab es mit dem Publikum? Wie spielt sich das Stück?

Es gab Bewunderung von einigen, aufgrund der vielen Texte und - wie gewöhnlich - einige (in geringer Zahl), die nicht verstehen wollten.

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Vera Kreyer (Semiramis)

Vera Kreyer (Mitte) als Semiramis in der Vorstellung im Theater OST in Berlin-Adlershof

Welche Besonderheiten gab es für Sie bei der Arbeit an diesem Stück, in den Proben und bei den Aufführungen?

Es waren für mich zum Teil neue Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich sehr, dass wir zu einem Team zusammenwachsen konnten. Die Figurinen von Anja Mikolajetz fand ich sehr inspirierend und ich habe anhand dieser Vorlage Bewegungen ausprobiert, die zu einer Form für meine Figur führten.

Aufgrund des Textpensums der Rolle der Semiramis brauche ich für die Aufführungen mehr Vorbereitungszeit als sonst für andere Rollen. Während der Aufführung benötige ich ein hohes Maß an Konzentration über die  gesamten Spieldauer für den im Vers geschriebenen Text, der über teils lange Sinnbögen verfügt. Die Aussage des Textes hat sich, auch für mich, oft erst nach mehrmaligem Lesen erschlossen.

Was fanden Sie an der Rolle reizvoll: beim Lesen, dann beim Spielen?

Die Figur der Semiramis ist sehr humorvoll, die Texte poetisch und witzig Diese Figur verfügt über sehr viele Facetten. Ein Geschenk für eine Schauspielerin. Beim Spielen ist es immer wieder eine Herausforderung, die Figur nachvollziehbar zu machen. Semiramis lenkt meist das Geschehen in den Szenen. Trotzdem muss ich als Spielerin wach sein, von meinen Mitspielern abnehmen, nichts einfach nur abspulen. Weil der Text im Vers geschrieben ist, lässt er sich leichter lernen, verführt aber auch zum Sprechen in Melodien, die irgendwann keinen Sinn mehr ergeben oder abgekoppelt sind von der Situation auf der Bühne im Moment.

Welche Schwierigkeiten gab es bei den Proben?

Für mich war und ist immer noch eine Schwierigkeit, die Spielform (Bewegungen/Gänge) mit den Texten so zu verbinden, dass keines von beiden zu kurz kommt und dass alles zwingend erscheint.

Gab es Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit den Kollegen?

Wir sind sehr unterschiedliche Spieler*innen mit teils sehr unterschiedlichen Herangehensweisen an die Theaterarbeit. Es braucht immer eine Weile, bis sich alle aufeinander eingestellt haben. Und zusammen mit dem sehr umfangreichen Stoff hätten wir doch etwas mehr Zeit gut gebrauchen können.

Welche Erfahrungen gab es mit dem Publikum? Wie spielt sich das Stück?

Das Publikum empfindet das Stück oft als sehr lang, beschreibt auch ab und zu Überforderung angesichts der Textmassen. Die Poesie des Textes ist keine Alltagssprache. Man muss sich reinhören. Wenn wir ein zu hohes Tempo anschlagen, wird es schwierig zu folgen.

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Sabine Böhm (Asyrte)

Sabine Böhm (RECHTS) als Asyrte in der Premieren-Vorstellung im Simonetti Haus in Coswig (Anhalt)

Welche Besonderheiten gab es für Sie bei der Arbeit an diesem Stück, in den Proben und bei den Aufführungen?

Es wurde innerhalb eines sehr eng gestrickten Zeitplans ein äußerst komplexes Stück mit einer umfangreichen Textanforderung erarbeitet. Zusätzlich fielen wegen Coronaerkrankungen viele Proben aus. Als kleine Besonderheit sehe ich das aufwendige Schminken vor den Aufführungen.

Welche neuen Mittel haben Sie in der Arbeit ausprobiert, bzw. welche waren besonders gefordert?

Es war zwar für mich kein neues Mittel, aber für meine Figur eine Körperlichkeit zu finden, die sich an der Ästhetik des Bauhauses orientiert und diese Körperlichkeit auch konsequent beizubehalten, war Herausforderung und große Lust zugleich.

Was fanden Sie an der Rolle reizvoll: beim Lesen, dann beim Spielen?

Tatsächlich fand ich erstmal reizvoll und beängstigend zu gleich, solche Textmassen zu bewältigen.Die Qualität und der Witz des Textes, der klassische Dramenaufbau, das hat mich interessiert. Asyrte ist sehr jung aber politisch sehr klar. Sie kämpft um ihre Liebe ohne kitschig oder sentimental zu werden. Sie ist trotzig, frech und stark. Aber zu durchschauen, dass auch sie nur benutzt wird, so klug ist sie dann auch wieder nicht. Sie ist eine Frauenfigur, die nicht weinerlich ist, sich nicht mit einer Opferrolle zufrieden gibt.

Gab es Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit den Kollegen?

Ich habe uns alle als ein Kollektiv im besten Sinne wahrgenommen habe. Wir haben uns gegenseitig unterstützt und nicht blockiert. Ich habe mich sehr wohl gefühlt mit allen und habe auch immer Sehnsucht nach genau so einem Zustand.

Welche Erfahrungen gab es mit dem Publikum? Wie spielt sich das Stück?

Das Stück zu spielen ist immer wieder echte Arbeit, das muss ich sagen. Es erfordert unbedingte Vorbereitung und jede Szene muss neu erkämpft werden. Besonders in Erinnerung ist mir ein Publikumsgespräch in Wittenberg. Ich hätte volles Verständnis gehabt, wenn die Leute Unverständnis und Überforderung geäußert hätten, aber alle waren sehr angetan und voll des Lobs. Das hat mich eine Weile getragen.

Worin könnte der Reiz für andere Theater liegen, das Stück zu spielen?

Der Reiz könnte darin liegen, eine besondere Form zu finden.

Warum, meinen Sie, wurde das Stück so lange nicht gespielt?

Es kommt auf den ersten Blick sperrig daher, sehr lang, sehr dialoglastig. Es spricht erstmal den Intellekt an, häutet sich permanent wie eine Zwiebel in seinen Bedeutungen. Das kann anstrengend wirken. Es wurde ja auf eine ganz spezielle politische Situation hin geschrieben, die heute nur noch für Wenige konkret greifbar ist. Auch ein Hauch von verstaubtem Frau-Mann-Bild schwingt mit. Generell besteht in der Theaterlandschaft eher gerade ein Hang zu biografischen Aufarbeitungen und performativen Arbeiten. Da kann dieses Stück wie von einem anderen Stern wirken.Was ja auch so ist.

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Michael Hase (Eskar)

Michael Hase (links) als Eskar beim Kampf mit Asyrte in der Premieren-Vorstellung im Simonetti Haus in Coswig (Anhalt)

Vorab: Die Arbeit begann Ende September 2022 und endete mit einer, vorläufig, letzten Vorstellung Anfang Dezember 2022. Ich bedaure, jedoch taufrische Arbeitseindrücke kann ich heute nicht mehr vermitteln. Für alle (!) Beteiligten, möchte ich sagen, war es eine harte Arbeit, anfangs schränkten Corona-Erkrankungen die Aufmerksamkeit und vor allem Probenzeiten ein, die erste Aufführung Anfang November 2022 setzte zwar einen Zielpunkt für einen ersten Abschluß, erinnere ich mich richtig, war es der allererste Durchlauf; die folgenden Vorstellungen dienten auch dem Einüben der Arbeitsroutine, doch neue Bühnenraumverhältnisse zogen hier gleichzeitig auch wieder Konzentration ab, so daß für mich die erfüllendsten Vorstellungen jene im Alten Theater Dessau und im Rathaus Bitterfeld-Wolfen blieben.

Die Wiederaufnahme ein Jahr später machte mir, überraschend, tatsächlich alles leichter. Der zeitliche Abstand besorgte auch eine Text-Distanz und mir fielen beim erneut Lernen des Textes ein paar Schwächen / Mängel in Motiv und Absicht Eskars auf, die in den Wiederaufnahmeproben bestätigt und korrigiert werden konnten und zu Haltungsänderungen führten. Aber die Menge neuer Informationen waren für die Aufführung am 3.11.23 noch nicht vollkommen gesichert und anwendbar. Doch ich, ganz persönlich, meine ja immer noch, die Arbeitsqualität einer »freien Produktion« sollte, weil kein Alltagsbetrieb in einem feststehenden Ensemble, darin bestehen, weiter zu forschen, also auszuprobieren. Ich mag das.

Nun zu den Fragen.

Welche Besonderheiten gab es für Sie bei der Arbeit an diesem Stück, in den Proben und bei den Aufführungen?

Der Textumfang war von mir gar nicht leicht zu erlernen, so dass sich meine Konzentration bis zur ersten Vorstellung mehr auf Textsicherheit statt auf die szenische Situation richtete. Erst ein Jahr später gelang mir, immer noch nicht abschließend, die Zusammenhänge des Textes über die Akte hinweg besser zu verstehen und auch zu nutzen. Vor ein paar Tagen erst fiel mir auf, dass Eskar bereits gegen Semiramis das Wort »Verrat« ausspricht (»Der Feldherr ist nicht zum Verrat geschickt«), bevor er später zu Asyrte sagt: »Doch durften sie mich nicht Verräter nennen.«

Selbstverständlich nahm ich die Aufgabe, eine Form für die Körperlichkeit Eskars zu suchen, an; aber zwischen Hüftschwüngen, Glockenröcken und übergewichtiger Körperschieberei der Kolleg*innen schien mir, je weiter die Probenzeit fortschritt, auf einmal Eskars Rock eher einengend als befreiend fürs Probieren und wie das immer so ist, wenn man zwanghaft nach einer Idee fahndet, fällt einem gar nichts mehr ein; kurz vor der ersten Vorstellung stellte ich die Figur Eskar, sozusagen, auf Null – zwar ist vom »Heeresbefehlshaber« die Rede, aber um Handlungsabsichten überhaupt erst einmal einigermaßen authentisch zu motivieren, sprach ich selber nur noch von: »Soldat Eskar«.

Wichtig wären hier zu erwähnen: Perücke und Schulterrolle und deren Wirkung.

Bis zur letzten Vorstellung in Bitterfeld-Wolfen repetierte ich meinen Text vollständig, letztendlich nahm ich mir vor jeder Vorstellung vier Stunden Vorbereitungsauszeit, um Einsprechübungen, Übungen zur Physis und den gesamten Text monologisch zu wiederholen.

Die Vorbereitungen richteten sich auch auf meine Anwesenheitsdauer auf der Bühne, wo es galt, die Konzentration für mindestens anderthalb Stunden ununterbrochener Anwesenheit auf der Bühne aufzubauen, was mit dem Thema: »Wann wird gegessen vor der Vorstellung?«, beginnt und schnell auch einen »Mittagsschlaf« einschloss.

Eine Merkwürdigkeit, die mich irgendwann nicht mehr los ließ, beinahe zwanghaft auf mich wirkte, und deren Ursachen ich nicht klären kann, waren die einander nicht unähnlichen Szenen-Enden zwischen Semiramis und Eskar in Akt I und III, ich konnte die beiden Texte irgendwann nicht mehr auseinander halten und brachte sie dann durcheinander, was vor allem für den Akt III wirklich störend ist, weil sich da am Ende der Szene eine sehr schöne Dynamik aufbaut (1.Akt »Nach meiner weit geringern Einsicht ist / Des Feldzugs Lage klar zu unsern Gunsten.«, 3. Akt »Was das immer meine, / Die hier entworfne Schlacht ist unverlierbar.«

Welche neuen Mittel haben Sie in der Arbeit ausprobiert, bzw. welche waren besonders gefordert?

Wie beschrieben, war ich besonders gefordert beim Erlernen des Textes und mit der schier unendlichen Menge zu beachtender Informationen. Der Figur Eskar mußte ich erst einmal eine einfache Klarheit geben: er ist Soldat. Die Suche nach der »Form« beschäftigte mich ununterbrochen. Die metrische Sprache mag ich sehr, sehr….

Was fanden Sie an der Rolle reizvoll: beim Lesen, dann beim Spielen?

Beim Spielen reizte mich immer mehr, die Figur ganz selbstverständlich Befehle entgegen nehmen zu lassen, also, gerne hätte ich bei den Zuschauer*innen die Frage ausgelöst, was denn der Eskar für ein unterwürfiger Charakter ist, warum wehrt der sich zwischendrin nicht konsequent gegen Semiramis? Am Ende von Akt IV, der vorletzte Abschnitt – der Schmerz, der in diesen Worten Ausdruck findet, ist mein eigener...

Welche Schwierigkeiten gab es bei den Proben?

Eine Besonderheit bedeutete für mich die Funktion des Zuhörens – vor allem am Beginn der Belit / Eskar-Szene suchte ich während der Wiederaufnahme eine Lösung, Eskar wird eigentlich von Belit beleidigt, aber warum erträgt er die Beleidigungen seiner Heimat? Die einfache Antwort war immer: er muß es ertragen, er hat ja den Auftrag – aber wie erträgt man, was man nicht will? Ich »lernte« Belits Text, nicht auswendig, aber zumindest wissend, wann sie ihre Sätze endet, um mich entweder kurz vor dem Satzende von ihr abzuwenden, oder auf sie loszustürmen, um ihr die Chance zu bieten, Eskar die nächste Beleidigung hinterher zu werfen, oder kurz gesagt, suchte ich nach einer Möglichkeit, den Konflikt zwischen beiden anzufeuern. Dabei fiel mir auf, dass Belits Text in kurzen Abschnitten beginnt, nach knapp der Hälfte einen einzigen Vers als Satz vorhält, um anschließend in einem langen, nicht unterbrochenen Textblock fortzusetzen. Aber ich weiß im Moment nicht, was man damit anfangen könnte; rhythmisch wäre es ja sehr interessant.

Gab es Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit den Kollegen?

Mich überraschte damals die Leichtigkeit, mit der die beiden Belit / Eskar-Szenen probiert wurden. In meiner Erinnerung ging das alles ganz schnell, auch wenn die Begegnung der beiden in I /3 anfangs durchaus spielerische Reserven bietet (Eskar: »Nein! Sanfter, Kälte friert den Mund mir zu«) könnte ja als Reaktion auf einen Angriff (?) Belits folgen. Die Darstellerin der Semiramis bewunderte ich für ihre Leichtigkeit beim Ausprobieren.

Welche Erfahrungen gab es mit dem Publikum? Wie spielt sich das Stück?

Nach der ersten Aufführung in Zerbst reagierte eine Zuschauerin auf das Erlebte mit der Bemerkung, daß sie die Liebesgeschichte zwischen Asyrte und Eskar doch sehr traurig findet; dieser Moment, diese spontane Äußerung einer »normalen« Zuschauerin war enorm wichtig für die Bestätigung unserer Arbeit.

Das Stück spiele ich sehr gerne! Eigentlich nur im V. Akt gibt es für mich so ein paar Zuordnungsprobleme, also, worauf reagiert Eskar wie.

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Maria Strauss (Belit)

Maria Strauss (links) als Belit mit Michael Hase in der Premieren-Vorstellung im Simonetti Haus in Coswig (Anhalt)

Ich bin sehr dankbar, dass sich so eine schöne Truppe gefunden hat. Es war eine ausgesprochen angenehme Atmosphäre innerhalb des Ensembles und es hat mir viel Freude bereitet - auf und hinter der Bühne. (…)

Ich war froh über die Chance, mich der Figur Belit anzunähern in einer inspirierenden Zeit mit ihrem beständigen Auf-der-Suche-bleiben.

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