Früherkennung

Zu dem berühmten Theaterdichter Peter Hacks kam im Sommer 1956 ein Anfänger. Er führte zwei Einakter, »Der Lohndrücker« und »Die Korrektur«, mit sich; er forderte Hacks auf, ihn höheren Ortes zu empfehlen und ihm Geld zu verschaffen.

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Ein klarer Kopf wie Hacks arbeitet unabhängig davon, ob seine Klugheit Konjunktur hat oder nicht.
Wiglaf Droste

von Rayk Wieland (Leipzig)

17.00 Uhr

Es waren Strophen in klassischen Versmaßen, im Pionierliedton, im Sound Eichendorffs und mit donneskem Sarkasmus, die Peter Hacks mit Beginn des Jahres 1998 in „Konkret“ veröffentlichte. Die Rubrik nannte er „Jetztzeit“, ein pejorativer Pleonasmus, der den Livecharakter der Gedichte hervorhob und zugleich die Gegenwart, die Hacks schreibend ins Visier nahm, als bedauerliche Abweichung von der Norm des Weltgeistes zu kennzeichnen schien. Das Publikum der Zeitschrift reagierte überwiegend verständnislos.

Mehr als zwanzig Jahre sind seitdem vergangen, und es zeigt sich, die Gedichte sind nicht schlecht gealtert. Ihre kunstvolle Form hat sich als haltbarer erwiesen als die dissidentische Saison. Was kalkulierte Provokation war und stalinistisches Manufaktum, ist in den Hintergrund getreten und kaum noch brisant. Dem Verblassen historischer Debatten folgt die Legendierung von Geschichte. Könnte es sein, daß Hacks die Gedichte des Jetztzeit-Zyklus’ nicht so sehr an die Leser von Konkret richtete als an die Leser der Zukunft? Hacks, wenn er die Berliner Mauer als der Erdenwunder schönstes besingt, setzt einfach auf Zukunft. Genauer gesagt, auf die fernere Zukunft ...