Sentimentale Romanze vom Flussgott und dem Mädchen

Der Flußgott hockte alt und fett
Im schattigen Schilfgemenge
Und blies auf seinem Flageolett
Sididü sididadu
Verstohlene Sommerklänge.


Ein süsses Mädchen lief entlang
Und tanzte um die Gräser.
Von ferne auf der Flöte sang
Sididü sididadu
Der wunderbare Bläser.

Sie lief durch Wasserkraut und Blüh'n,
Gelockt von ihrem Ohre.
Sie fand ihn quabblig, platt und grün –
Sididü sididadu
Blies er auf seinem Rohre.

Du bist einmal ein Mummelgreis!
Rief sie ihm keck entgegen.
Der Flußgott spielte nur ganz leis
Sididü sididadu
Und blinzelte verlegen.

Sein breites Maul verschob senil
Die schlotterhaften Wangen;
Allein sein Lied versprach so viel
Sididü sididadu
Von Schönheit und Verlangen.

Das Mädchen schwieg. Und während groß
Des Flußgotts Tränen rannen,
Setzt sie sich sacht auf seinen Schoß.
Sididü sididadu!
Zog alles Leid von dannen.

(aus: Der junge Hacks, Bd. 1: Gedichte)