Die Dame aus Solingen

I.
Mein Gemahl ist ein Fabrikinhaber.
Ich bin schön und fett, und Geld ist rund;
Nachts tanz ich im Schein der Kandelaber;
Meine Brust mit Schmuck wiegt vierzig Pfund.
Dividandies springen und die Crème
Einer Hautevolée von Millionären,
Um mich zu liebkosen und zu ehren.
Aber hier liegt mein Problem.

Ich bin eine Dame aus Solingen
Ich treib es am liebsten mit Rohlingen,
Die Kultur macht mich sonst ganz dumm.
Sie haun mir ins Fleisch violette Male,
Denn Solingen liegt im Neanderthale
Und im Diluvium.
Und sie haun mir auch Beulen,
Ich könnt vor Rührung heulen.
Ich liebe am Mann die ungeheure Tat.
Ich bin die Frau Perverzienrat.

II.
Mein Gemahl ist ein Kanonenbauer,
Und wir pflogen leider fast fünf Jahr
Müssiggang und nationale Trauer …
Das war kürzer als voraussehbar.

Jetzt sind wir an unsern Ort gestellt.
Und von Singapore bis Egypten
Schützen wie von je die uns Versippten
Ewge Werte dieser Welt.

Ich bin eine Dame aus Solingen,
Und hab stets so Sehnsucht nach Rohlingen,
Und schwärme fürs Militär.
Ich mag die Gefreiten und die Generale,
Und Solingen liegt im Neanderthale,
Und das ändert sich nicht mehr.
Und wir baun die Haubitzen,
Dass jene sie benützen.
Ich bin eine Dame aus Solingen am Rhein.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein.

(Manuskript)