magnushaus

„Unendlich nur ist der Zusammenhang“

Hacks und der Marxismus

Dreizehnte wissenschaftliche Tagung der Peter-Hacks-Gesellschaft e.V.

Die Tagung soll klären, inwieweit Hacks an Werke von Klassikern wie Marx, Engels, Luxemburg und Lenin anknüpfte, welche Rolle die theoretischen Fortentwicklungen im Rahmen sozialistischer Staatlichkeit für ihn spielten, wie er die marxistische Philosophie des 20. Jahrhunderts und die Wissenschaft in der DDR rezipierte. Zudem geht es um seine produktive Weiterarbeit mit diesem Erbe, um den Zusammenhang, in den Hacks die Arbeiten von Marx stellte („Wer Goethe sagt, muss Hegel sagen, und wer Hegel sagt, sagt Marx“) und wie er sich mit Strömungen auseinandersetzte, die er ablehnte (Trotzkismus, Maoismus, die Neue Linke im Westen). Damit soll die Tagung auch zu einer politischen Biographie von Peter Hacks beitragen und erhellen, welche Auswirkungen die Einschnitte in der Geschichte der DDR und ihr Ende auf sein Denken hatten.

 

Termin: Sonnabend, 31. Oktober 2020

Ort:  Magnus-Haus, Berlin
Am Kupfergraben 7, 10117 Berlin-Mitte
10 Uhr bis 18 Uhr

Vorträge der Tagung


10.00 Uhr Prof. Dr. Heinz Hamm (Halle/Saale)

Der "Traum der Klassiker" von der "abgeschafften Arbeitsteilung": Marx-Kritik in der "Schönen Wirtschaft" von Peter Hacks
Marx lehnt ab, die zukünftige kommunistische Gesellschaft in ihren Grundzügen genauer zu beschreiben. Gleichwohl sagt er Grundsätzliches aus, welche Erwartungen er an eine Gesellschaft knüpft, in der das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufgehoben ist. Eine dieser Aussagen besteht in der Erwartung, dass es im Kommunismus keine Arbeitsteilung mehr geben wird. Dies hat als Lehrsatz, ebenso wie die Aufhebung der Klassenspaltung, das Absterben des Staates usw., in der Geschichte der Arbeiterbewegung und des Sozialismus eine zentrale Rolle gespielt. Hacks hält für notwendig, sich von Annahmen zu verabschieden, bei denen der Marxismus "auf schwachen Füßen" steht. In den "ästhetisch-ökonomischen Fragmenten" von 1988 übt er am "Marxschen Entwurf von der abgeschafften Arbeitsteilung" scharfe Kritik. Erstmals wird damit in der DDR ein zentraler Lehrsatz des Marxismus von einem Marxisten in Frage gestellt.

 

10.45 Uhr Dr. Detlef Kannapin (Berlin)

"'Hermlin empfiehlt'. Die Selbstabschaffung des Sozialismus aus marxistischer Sicht.“

Die Seiten 84 bis 87 der HW 15 enthalten in höchst konzentrierter Form die wesentlichen Aspekte der Selbstabschaffung des Sozialismus in der DDR. Aus marxistischer Sicht stellt sich die Frage, wie diese Selbstabschaffung ins Werk gesetzt wurde und was sie für die zukünftige Entwicklung der menschlichen Gesellschaft bedeutet. Ziel des Vortrages ist zum einen die Analyse der formationstheoretischen Grundlagen der hier niedergelegten Essenz politischer Rationalität von Peter Hacks. Zum anderen ist beabsichtigt, aus erkenntnistheoretischer Sicht die Konsequenzen der Selbstabschaffung des Sozialismus für die politische Philosophie aufzuzeigen."


Kurze Pause

11.45 Uhr Prof. Shaswati Mazumdar (Neu-Delhi)

Imperialismus-Kolonialismus im Werk von Peter Hacks

Kapitalismus“ wird im Werk von Peter Hacks immer austauschbar mit dem Begriff Imperialismus verwendet. Hacks bezeichnet den Kapitalismus als Imperialismus schlechthin. Das geschieht bei ihm auch dann noch, als durch den Untergang des Sozialismus in Europa und den globalen Aufschwung eines ‘neoliberalen’ Kapitalismus der Begriff Imperialismus im Mainstream- wie auch im marxistischen Diskurs immer weniger verwendet wurde und man sich aus der Sicht der Länder der Dritten Welt fragen musste “Whatever happened to Imperialism?” Der Beitrag geht der Frage nach, welche Aspekte des Begriffs Imperialismus eine besondere Beachtung in seinem Werk finden. Während sein Hauptaugenmerk natürlich auf dem Aufbau des Sozialismus – in Konfrontation/Konkurrenz mit dem Imperialismus – lag, liegt der Fokus des Beitrags mehr auf dem Kolonialismus und der sogenannten postkolonialen Welt.

 

12.30 Uhr Prof. Dr. Gerhard Bauer (Berlin)

Hacks als Könner und scharfsinniger Theoretiker des Theaters, nur als Räsoneur über den rechten Weg zum Sozialismus allerdings eher vorlaut.

Peter Hacks war mit Lust in die DDR übergesiedelt (1955). Er hoffte dort sogar noch den Übergang zum „Kommunismus“ zu erleben. Ihm wurde aber bedeutet, dass für die Bewertung der politischen Entwicklung andere, eben Berufspolitiker, zuständig waren. Wenn er dazu Stellung nehmen wolle, solle er das gefälligst auf „seinem“ Gebiet tun: in Aufbaustücken, historischen Dramen, Komödien und Opern. Dazu bequemte er sich allmählich, obzwar ungern. Dafür suchte und fand er jetzt aber Gelegenheit, weitreichende Perspektiven bis hin zu seiner Lieblingsvorstellung: Freiheit im Sozialismus, in seine Stücke einzubauen und seine Produktion anspielungsreich zu kommentieren. Auffällig ist dabei, dass er einerseits die Abriegelung der DDR („die Mauer“) begrüßt und daran festgehalten hat, in seinen Stücken aber, andeutungsweise im „Amphitryon“, unübersehbar in „Adam und Eva“, die freie Entscheidung und das Weggehen aus eigenem Willen propagiert hat.


Mittagspause

14.00 Uhr Marlon Grohn (Köln)

Volk, Demokratie und Absolutismus – die Frage der Machtbasis im Sozialismus bei Peter Hacks

Peter Hacks entwickelt in seinen Dramen und Essays eine konsequente Fortführung der marxistischen Theorie, bei der er sich vor allem auf die nach Marx gewonnenen historischen Erfahrungen von Kommunisten, ihren Revolutionen und ihren Staaten stützt. Er reformuliert unter geänderten Bedingungen wichtige Aspekte der Staats- und Demokratietheorie des Marxismus – vor allem Fragen der Macht und des institutionellen Fundaments, auf dem diese im Sozialismus beruhen soll. Er kommt in mehreren seiner Werke zu einer explizit fortschrittlich demokratiefeindlichen Haltung. – Der Beitrag will seinen Fokus insbesondere auf die in den Hacks-Werken entfalteten Begriffe von "Volk" und "Demokratie" richten und diese mit denen von Marx und Engels abgleichen.


14.45 Uhr Mgr. Daria Šemberová (Prag)

Hacks’ Rezeption des Luxemburgismus am Beispiel der Komödie Der Frieden

Der Vortrag verfolgt die Spuren des Luxemburgismus in der aristophanischen Komödie „Der Frieden“, die am 14. Oktober 1962 unter der Regie von Benno Besson am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt wurde. Er setzt sich mit der Aktualität des Denkens von Rosa Luxemburg im Stück auseinander. 101 Jahr nach ihrer Ermordung soll untersucht werden, wie ihr philosophisch-politisches Denken den ostdeutschen Dramatiker beeinflusste. Bezug genommen wird insbesondere auf ihren Text „Friedensutopien“, den sie drei Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges verfasst hatte.

Kurze Pause

 
16.00 Uhr Fabiana Paciello (Italien)

Peter Hacks und der Klassenbegriff

Dieser Begriff wurde bei Hacks zum ersten Mal 1971 formuliert in der Annahme, dass das beste politische System von zwei Klassen geleitet werden müsse: von Arbeiterklasse und Intelligenz. Zur Arbeiterklasse gehören die hauptamtlichen Mitarbeiter der Partei, zur Intelligenz die wissenschaftlichen und technischen Angestellten. Eine dritte Macht müsste kontrollieren, dass die zwei Klassen gut mitarbeiten, ohne in Konflikt zu geraten. Der Politiker Walter Ulbricht vertrat nach Hacks Meinung diese Macht am besten.

Im Vortrag werden anhand einiger Essays aus der 2018 veröffentlichten Sammlung „Marxistische Hinsichten. Politische Schriften 1955-2003“ die Gründe bestimmt, aus denen Hacks die Notwendigkeit des Zusammenlebens dieser beiden zwei Klassen ableitete. Dabei wird besonders auf begriffliche Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Hacks und Lenin eingegangen.

 

16.45 Uhr Jakob Hayner (Berlin)

Die Romantik als Zentrum einer marxistischen Ästhetik?

Nach dem marxistischen Literaturtheoretiker Terry Eagleton gibt es in der Moderne drei zentrale Fragen: Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Wozu fühlen wir uns hingezogen? Die letzte Frage sei in besonderem Maße dem Ästhetischen zugehörig. Die Künstler arbeiten an den Empfindungen der Menschen und somit am Möglichkeitssinn der Menschheit. Nun gibt es nach Eagleton in der Moderne aber eine Spielart des Ästhetischen, die sich im Gegenteil dem Unmöglichkeitssinn verschrieben hat. Die wird für gewöhnlich Romantik genannt. Wie kaum ein anderer hat Peter Hacks die Frage der Romantik als zentral für den Klassenkampf in der Literatur verstanden. Unermüdlich polemisierte er gegen diese Geisteshaltung und ihre Wiederkehr – so zum Beispiel in seiner späten Schrift "Zur Romantik". Traf Hacks damit den Kern einer marxistischen Ästhetik? Das soll in dem Vortrag diskutiert werden – insbesondere mit einem Seitenblick auf die romantizistisch-postmoderne Kultur unserer Zeit.

 

Moderation: Felix Bartels und Dr. Klaus Rek

Sie können die Tagung auf dem YouToube-Kanal der Peter-Hacks-Gesellschaft verfolgen.

 

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Ausgewählte Referate werden im Hacks Jahrbuch 2021 veröffentlicht.